Die Zeit Wenzels (1378 — 1400) und Ruprechts (1400—1410).
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In Böhmen sorgte Karl für den Frieden und die öffentliche Sicherheit und trat dem Fehdewesen scharf entgegen. Er beschützte und förderte den tattgiett. Handel, zumal die Flußschiffahrt, und begünstigte die Städte, vor allen Prag, das er durch den Bau eines großartigen Doms verschönte. Endlich aber trat er auch als Beschützer höherer Bildung auf: er hat in Prag die erste deutsche Universitat^gegründet. Nachdem er 1373 durch Vertrag gegen eine Geldzahlung auch Brandenburg von dem letzten Wittelsbacher erworben hatte, kam seine fürsorgliche Tätigkeit auch diesem Lande zu gute.
Für das Reich ist seine Regierung dadurch wichtig, daß unter ihm auf 2)%^lj,ene mehreren Reichstagen das wichtige Reichsgesetz beschlossen wurde, das man 1356. nach der goldenen Kapsel, welche das Siegel der Urkunde einschließt, die goldene Bulle nennt. Durch dieses Reichsgesetz wurde festgestellt, daß, wie es nun schon ein Jahrhundert lang Brauch war, nur den sieben Kurfürsten die Wahl des deutschen Königs zustehe. Die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg wurden als Kurfürsten anerkannt; die letzten vier waren zugleich die Inhaber der Reichsämter des Erzmundschenken, des Erztruchseß, des Erzmarschalls und des Erzkämmerers. Den Kurfürsten wurden wichtige Vorrechte zugesprochen: ihre Lande sollten unteilbar sein, sie erhielten die höchste Gerichtsbarkeit in ihren Gebieten und andere Hoheitsrechte.
Karl Iv. zog auch nach Italien und erhielt die Kaiserkrone. 1378 starb er. Sein ältester Sohn Wenzel, der ihm als deutscher König folgte, erhielt Böhmen und andere Gebiete, sein zweiter Sohn Sigmund jjjjfgjjj' Brandenburg. Letzterer erwarb bald darauf durch seine Heirat mit einer ungarischen Prinzessin Ungarn, was einen gewaltigen Machtzuwachs für das Haus Luxemburg bedeutete.
Die Zeit Wenzels (1378—1400) und Ruprechts (1400—1410).
§ 80. Wenzel 1378—1400. König Wenzel war von Natur nicht ohne Gaben, aber ein sehr schlaffer und träger Fürst, der, je länger er regierte, desto mehr über Jagd und Trunk seine Pflichten als Herrscher vernachlässigte. Im Jahre 1400 setzten ihn die Kurfürsten endlich ab.
Sie wählten den Kurfürsten Ruprecht von der Pfalz, der zwar ein tüchtiger Mann war, aber der nötigen Macht entbehrte und sich zehn Jahre lang vergeblich abgemüht hat, die Ordnung im Reiche und die königliche Gewalt wiederherzustellen.
In jener Zeit, wo die Macht des deutschen Königtums so gering und der Zusammenhang des Reiches so lose ist, sind es die Einzelstaaten und
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Die Zeit der zunehmenden Auflösung des Reichs 1273—1519.
ihre Bündnisse, die im Vordergründe der deutschen Geschichte stehen: die größeren Fürstentümer, die Städtebünde, der Deutsche Ritterorden und die Schweizer Eidgenossenschaft.
Weltliche § 81. Die Fürstentümer. Unter den deutschen Fürstenhäusern jener Zeit ragten neben den Luxemburgern, welche im Besitz der Königskrone und der böhmischen und brandenburgischen Kurwürde waren, zunächst die Wittelsbacher hervor, welche ein Kurfürstentum, die Pfalz, und das Herzogtum Bayern besaßen. Neben ihnen stand das Haus Wettin, welches mit Thüringen und Meißen bald darauf das Kurfürstentum Sachsen vereinigte; es teilte sich später in die beiden Linien der Ernestiner, denen die Kur zufiel, und die in Wittenberg residierten, und der Albertiner, denen Dresden und Leipzig gehörten. Den Südosten Deutschlands beherrschten die Habsburger. Auch dieses Geschlecht zerfiel in mehrere Zweige. Unter den kleineren Fürsten ragen die Burggrafen von Nürnberg, hohen» zollernschen Stammes, hervor, die bald nachher die Mark Brandenburg Geistliche erwerben sollten. Neben den weltlichen standen die geistlichen Fürsten, unter denen nicht nur die drei geistlichen Kurfürsten, sondern noch viele andere über reichen Landbesitz geboten.
Jenes Zeitalter ist für die deutsche Staatengeschichte dadurch von Bedeutung, daß die meisten Fürsten mehr oder weniger bemüht waren, aus den vielen Bruchstücken von Landbesitz und Hoheitsrechten, die sie besaßen, Ausbildung allmählich einen Staat zu schaffen und ihre Landeshoheit auszubilden. cvett.es* Ihre Einnahmen, die bisher vornehmlich aus ihrem fürstlichen Grundbesitz geflossen waren, suchten sie zu steigern, besonders dadurch, daß sie Steuern erhoben. Sie warben Söldner an, deren Unterhaltung zwar viel Geld kostete und sie oft in Schulden stürzte, die ihnen aber für innere und äußere Kriege eine zuverlässigere Stütze waren als das Aufgebot ihrer Vasallen. Den Adel und die Städte ihres Gebietes, die vorher oft große Selbständigkeit genossen hatten, suchten sie ihrer Hoheit zu unterwerfen. So verfuhren beispielsweise die Hohenzollern in Brandenburg; adlige Herren, die vorher die Straßen unsicher gemacht und die Umgegend gebrandschatzt hatten, märkische Städte, deren Bürgermeister wie kleine Fürsten geschaltet hatten, mußten sich demütigen. Freilich bildeten sich nun in den einzelnen Landschaften Versammlungen von Vertretern des Adels, Die Stände, der Geistlichkeit und der Städte, die sogenannten Stände, aus, welche das Recht der Steuerbewilligung ausübten und dem Landesherrn oft nur dann eine neue Steuer zu erheben gestatteten, wenn er ihnen dafür neue Rechte und Freiheiten bewilligte.
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Albrecht Ii, 1438—1439 und Friedrich Hi. 1440 — 1493.
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zu Basel versammelt toar, den Hussiten den Kelch beim Abendmahl bewilligen müssen.
Sigmund konnte nun endlich in Prag als König einziehen; aber^2*^ ein Jahr darauf starb er. Da er keinen Sohn hinterließ, fielen seine Lande, ^1437. Ungarn und Böhmen nebst Mähren und Schlesien, an seinen Schwiegersohn Albrecht von Österreich, der auch deutscher König wurde.
3. Die Habsburger bis auf Maximilian I.
1438 — 1519.
Albrecht Ii. 1438-1439 «nd Friedrich Iii. 1440-1493.
§ 88. Deutschland unter Albrecht Ii. und Friedrich Iii. Albrecht Ii., Albrecht n. der erste in einer nunmehr fast ununterbrochenen Reihe habsbnrgischer Herrscher, starb nach kurzer Regierung.
Ihm folgte als deutscher König sein Vetter Friedrich von Steier- Friedrich m. mark als Friedrich Iii., der auch die römische Kaiserkrone erhielt. Er hat am längsten von allen deutschen Königen, 53 Jahre lang, regiert, war aber einer der untüchtigsten. Während er fest auf die Zukunft seines Hauses hoffte und selbst die Vokale des Alphabets A. E. I. O. U. so deutete: Alles Erdreich ist Österreich untertan, vermochte er nicht einmal in seinen Erblanden Österreich und Steiermark sich immer gegen Aufstande und fremde Angriffe zu behaupten. Böhmen und Ungarn vollends, die Albrecht Ii. für Habsburg gewonnen hatte, rissen sich jetzt los und wählten einheimische tapfere Könige. Im deutschen Reiche aber herrschten Verwirrung und Zerrüttung, Krieg und Fehde.
Während es um Deutschlands Einheit so traurig bestellt war, erstarkten die Nachbarn. Die größten Gefahren drohten dem Reiche von den Türken im Südosten, von dem neugegründeten Reiche Burgund im Westen.
§ 89. Die Türken. Die osmanischen Türken, so benannt nach einem ihrer ersten Sultane, Osman, stammten aus Turan, waren im dreizehnten Jahrhundert nach Kleinasien eingewandert und hatten es allmählich erobert. Darauf überschritten sie den Hellespont und bedrängten die griechischen Kaiser so sehr, daß diesen schließlich allein Konstantinopel und dessen nächste Umgebung blieb. In jener Zeit sahen die Griechen hilfesuchend
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Extrahierte Personennamen: Albrecht_Ii Albrecht Friedrich_Hi Friedrich Albrecht_von_Österreich Albrecht Maximilian_I. Albrecht_Ii Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Albrecht_Ii Albrecht Friedrich_Iii Friedrich Albrecht_Ii Albrecht Albrecht_n Albrecht Friedrich_von_Steier-_Friedrich_m Friedrich Friedrich Friedrich_Iii Friedrich Albrecht_Ii Albrecht Turan
Extrahierte Ortsnamen: Prag Schlesien Deutschland Ungarn Deutschlands Burgund Westen Kleinasien Konstantinopel
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oder Gesetze der Sitte und toller Uebermnt der Mächtigen" kennzeichnen die Rokokozeit, die Zeit Ludwigs Xv. von Frankreich, in dem fast alle damals lebenden Fürsten ihr Vorbild sahen.' Gleich ihm suchten sie, sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Wie in einem steten Rausche mußten ihnen die Tage, von denen jeder „neue Lustbarkeit, neue Zerstreuungen, neue Torheiten" zu bringen hatte, vergehen. Alles diente ihnen nur zum Zwecke des Vergnügens.
Schloß Molsdorf und sein Besitzer: Ein rechtes Muster
jener leichtsinnigen Zeit war Graf Götter1) anf Schloß Molsdorf in Thüringen. Sein Andenken lebt heute noch im Volke. Noch immer ist das Schloß mit seinem Parke ein beliebtes Ziel der wanderlustigen Erfurter, zumal im Frühling. Dann durchschreitet mancher die Gänge des Parkes, schaut die Ueberreste ehemaliger Bildsäulen und bedauert, daß durch den Zahn der Zeit die Statuen geborsten und durch den Mangel an Pflege die Anlagen verwildert sind. Er ahnt aber nicht, daß er hier nur die Reste verschwundener Pracht schaut, jener Pracht, die einst Graf Götter mit feinem Kunstsinn sür seinen Landsitz in üppiger Fülle schus.
Aeutzere Bauart: Um sich aus einem Leben nach strenger Hos-sitte in die Bequemlichkeit ländlicher Umgebung flüchten zu können, kaufte Graf Götter (1733) vom Prinzen Wilhelm von Sachsen-
^ Gustav Adolf Götter wurde am 26. März 1692 als Sohn des hzgl. Kammerrates Johann Michael Götter in Altenburg geboren. Er studierte mit gutem Erfolge in Jena und Halle die Rechte und etaatswiffenstiboften. Zu seiner weiteren Ausbildung unternahm er mit seinem Studienfreunde, dem Baron v. Münchhausen, Reisen ins Ausland. Später unterstützte er seinen Vater in Geschäften des gothaischen Hofes am Kaiserhofe in Wien und wurde hier durch seine Fähigkeiten im gesandtschaftlichen Verkehr, die Schönheit seiner Erscheinung und die Feinheit seines Auftretens bald die einflußreichste Persönlichkeit. Mit packender Beredsamkeit verstand der „donnernde Jupiter", seine Angelegenheiten zu vertreten und zu einem günstigen Abschluß zu führen. Der Kaiser und die Fürsten würdigten ihn ihres Vertrauens, belohnten seine Dienste aufs reichste und schmückten seinen bürgerlichen Namen mit Titeln und seine Brust mit Orden. 1724 erhob ihn der Kaiser in den erblichen Freiherrnstand, und König Friedrich Wilhelm I ernannte ihn zum preußischen Staatsrat und schlug ihn zum Ritter des schwarzen Adlerordens. Später wurde er sogar preußischer Minister am kaiserlichen Hofe, und König Friedrich Ii. ernannte den durch kaiserliche Huld inzwischen zum Reichsgrafen erhobenen Götter zum Oberhofmarschall und Geheimen Staats- und Kriegsrat in Berlin. Als solcher fiel ihm Die wichtige Aufgabe zu, Preußens Anspruch auf Schlesien in Wien endgültig zu regeln. Doch vermochten feine geschickten Verhandlungen, die er absichtlich in die Länge zog, ferne ausgezeichnete Beredsamkeit und selbst die Hilfe alter Freunde nicht, die Kaiserin umzustimmen. Er mußte binnen 48 Stunden Wien verlassen, und der Schlesische Krieg begann. König Friedrich, der die Erfolglosigkeit der Verhandlungen vorausgesehen hatte, hat Gotters Bemühungen trotzdem wohl gewürdigt; dankte er doch der hinzögernden Tätigkeit desselben Die Möglichkeit zur Festigung Der Kriegsstellung in Schlesien. Den Friedensschluß Des Siebenjährigen Krieges, Durch Den Schlesien Preußen als neue Provinz einverleibt wurde, sollte Graf Götter nicht mehr erleben. Am 28. Mai 1762 rief ihn Der Tod aus Dem Leben, Das ihm in reichem Maße Glück und Freude, aber auch manche Enttäuschungen und Seiden gebracht hatte.
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Extrahierte Personennamen: Ludwigs_Xv._von_Frankreich Ludwigs_Xv. Graf Graf_Götter Wilhelm Gustav_Adolf_Götter Gustav Adolf Kammerrates_Johann_Michael_Götter Johann Friedrich_Wilhelm_I Friedrich Wilhelm Friedrich_Ii Friedrich Friedrich Friedrich Gotters_Bemühungen Graf_Götter
Extrahierte Ortsnamen: Molsdorf Molsdorf Thüringen Altenburg Jena Wien Berlin Wien Wien Schlesien
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67. Proklamation1) des Königs Friedrich Wilhelm Iii. an die Bewohner Erfurts nach dem Frieden von Ciliif.
„An die Bewohner der Provinzen und Gebiete: Altmark. . Erfurt usw.
Ihr kennt, liebe Bewohner treuer Provinzen, Gebiete und Städte, meine Gesinnungen und die Begebenheiten des letzten Jahres. Meine Waffen erlagen dem Unglück, die Anstrengungen des letzten Restes meiner Armee waren vergeblich. Zurückgedrängt an die äußerste Grenze des Reiches, und nachdem mein mächtiger Bundesgenosse selbst zu Waffenstillstand und Frieden sich genötigt fühlt, blieb mir nichts übrig, als dem Lande Ruhe nach der Not des Kriegs zu wünschen. Der Friede mußte, so wie ihn die Umstände vorschrieben, abgeschlossen werden; er legt mir und meinem Hause, er legt dem Lande selbst die schmerzlichsten Opfer aus. Was Jahrhunderte und biedre Vorfahren, was Verträge, was Liebe und Vertrauen verbunden halten, mußte getrennt werden. Meine und der Meinigen Bemühungen waren vergeblich, fruchtlos! Das Schicksal gebietet. Der Vater scheidet von den Kindern! Ich entlasse Euch aller Untertanenpflichten gegen mich und mein Haus. Unsere heißesten Wünsche für Euer Wohl begleiten Euch zu Eurem neuen Landesherrn! Seid ihm, was ihr mir wäret. Euer Andenken kann kein Schicksal, keine Macht aus meinem und der Meinigen Herzen vertilgen.
Memel, den 24sten Jul. 1807. Friedrich Wilhelm."
68. Der Erfurter Ffirffenkongrefj. a) Ankunft der Kaiser zur Fürltenverfammlung in Erfurt.
Vorbereitungen zum Empfang Napoleons: Napoleon
hatte Erfurt zu dem Orte erwählt, an dem er sich mit den Mächtigsten der Erde zu einer Besprechung vereinigen wollte. Darum trafen schon einige Wochen vor ibm seine Beauftragten in der Stadt ein, um alles für seinen Empfang und den seiner erlauch teu Gäste vorzubereiten. Marschall Ondinot, der als Gouverneur nach Erfurt gekommen war, ließ die ansehnlichsten Häuser der Stadt in Beschlag nehmen und an den Türen mit „Maison del’empereur“ bezeichnen. Auch die Bürger selbst trafen verfchiedentliche Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers. So wurden drei Ehrenpforten an der Grenze des Erfurter Gebietes, bei Gamstädt, vor dem Brühlertor und auf dem Anger, errichtet, und eben sollte an sie die letzte Hand gelegt werden, als der kaiserliche Befehl kam, alle kostspieligen Veranstaltungen bei seinem Einzug zu unterlassen. Nun blieb den Bürgern nichts anderes übrig, als sie wieder
l) Wurde am 30. September 1807 bekannt gemacht.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleons Napoleon
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noch erhalten. Er liegt in der Augustinerkirche unmittelbar vor den Stufen des Altars. Auf ihm empfing Luther feine ersten Weihen (f. Luthers Aufenthalt im Kloster, Nr. 38c). — Der Reichsversammlung in Konstanz wohnten mehrere Erfurter Ratsherren bei, doch haben sie sich nicht an den Sitzungen beteiligt. Ueber-hanpt war dem Rat wenig daran gelegen, Erfurt als Reichsstadt bezeichnet zu sehen. Er wollte nicht, daß die Stadt zu den großen Kriegsleistungen herangezogen wurde, und lehnte darum alle weiteren Einladungen zur Beschickung von Reichstagen mit folgender Begründung ab: „daz unser stait Erffurt keyn rych stait nicht en ist unde wir an daz riche auch nicht gehören, sundern an unsern gnedigen hern von Mencz unde sinen stifft, als daz kuntlich und uffenbar gnug ist.“ Dadurch freilich hat die Stadt selbst für die späteren Streitigkeiten mit dem Mainzer Stift bezüglich des Herrscherrechtes über Erfurt den Mainzer Rechtsgelehrten das beste Beweismittel in die Hand gegeben. — Wie hoch man die Macht der Stadt einsetzte, das beweisen am besten die Bündnisse, welche benachbarte Städte und Fürsten mit Ersurt zu schließen suchten; auch vertraute man ihr in dem drohenden Hussitenkriege die gemeinschaftliche Kriegskasse an. — Von ihrem Reichtum gab die Stadt oft öffentlich Zeugnis durch die glänzenden Feste, die sie feierte (s. 1. Die große Prozession, Nr. 35 n. 2. Schützenseste und Turniere, Nr. 36).
Beginnender Niedergang: Der sächsische Bruderkrieg, der
von der Stadt noch so rühmlich geführt wurde, war der Wendepunkt ihres Glückes. Es rächte sich jetzt, daß sie es versäumt hatte, Reichsstadt zu werden. In den Streitigkeiten um die gegenseitigen Rechte, welche Ersurt mit dem Erzbischos Dieter von Mainz auszusechten hatte, gelangte sie nicht zum Siege. Zwar vermochte sie den Einritt des Erzbischofs zu hindern (s. Das Einreiten der Erzbischöfe, Nr. 30), auch baute sie gegen den Willen desselben die Eyriaksburg. Aber der Schaden, welchen er der Stadt zufügte, war weit größer. Er schloß mit dem Kurfürsten Ernst von Sachsen ein Bündnis unter dem Versprechen, daß dessen Sohn Albert einst sein Nachfolger auf dem erzbischöflichen Stuhl werden sollte. Dafür begann der Kurfürst sofort, der Stadt den ausgedehnten Handel zu unterbinden. Er sperrte den Erfurtern feine eigenen Straßen und veranlaßte andere Fürsten, dasselbe zu tun. Als dann bald daraus Herzog Wilhelm von Thüringen starb und Kurfürst Ernst sich mit seinem Bruder Albert in die herzoglichen Länder teilte (1482), sperrte er auch die Thüringer Straßen, so daß die Zu- und Abfuhr gänzlich stockte. Noch ungünstiger wurde Erfurts Lage, als Erzbischof Dieter in demselben Jahr starb und Albert, des Kurfürsten Sohn, sein Nachfolger wurde. Ohne zu zögern, schickte sich jetzt Kurfürst Ernst an, aus dem heimlichen Krieg einen offenen zu machen, so daß dem Rat nichts weiter übrig blieb, als mit Mainz und Sachsen Frieden zu schließen
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Extrahierte Personennamen: Mencz Dieter_von_Mainz Ernst Albert Wilhelm Ernst Albert Dieter Albert Ernst
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hatten auch die Schweden wegen der zurücke gehenden Kayserlichen macht nicht lange zeit, als wurde beiderseits vom accord1) gehandelt und nach dreitägiger handelunge die stadt aufgegeben. Denen herren Schweden wurde gegeben zur rancion2) der stadt 16000 thlr. baargeld und 16000 thlr. an tuch und schuen, und wurde ein regiment Schwedische völcker in die stadt und auf die burgk geleget. Ehe die Schwed. armada von der stadt wegging, wurden vorher die ar-tollerey welches 100 stück geschüz waren hineingeführet, stunden so lange auf dem Anger bis sie mit guter manier konten nachgeführet werden.
Das regiment volck solte zwart dem accord nach auf dem lande liegend bleiben und nicht in die stadt kommen, nachdem aber die Keyserliche armada sich zu nahe ins gehege begeben wolle, zog dasselbe anno 1637 den tag Mariae Lichtmes (2. Febr.) gegen abend als schone temmerunge war hinein und blieb so lange drinne bis der friede gemacht wurde.
Falckenstein’sche Chronik.
53. Das Erfurter Friedensfeit.
(1650.)
Heuer zeigten die grünen Maien, mit Welchen man zu Pfingsten die Kirchen schmückte, zum ersten Male keine roten Blutströpschen mehr. Bisher Hatte man dieses traurige Himmelszeichen, das die Fortsetzung des unheilvollen Krieges verkünden sollte, in jedem Frühling neu an dem jungen Blätterschmuck der Birken erspäht.
Der Frieden War Wirklich da! Er War nach dreißig langen Kriegsjahren endlich Wieder in Deutschland eingezogen. Die meisten der Lebenden freilich kannten ihn nicht, und die Wenigen Alten, welche noch lebten und die Schrecknisse des Krieges überdauert hatten, erinnerten sich seiner nur aus ihrer Jugend.
Wie überall im deutschen Lande, so rüstete man sich Mitte September 1650 auch in Ersnrt, die Wiederkehr des Friedens festlich zu begehen. Nachdem die letzten Truppen der schwedischen Besatzung — 690 Mann mit 655 Frauen und 916 Kindern — aus mehr als 80 Wagen und mit 300 Pferden die Stadt verlassen hatten, begann auf Anordnung eines Hohen und Ehrbaren Rates ein Mehrtägiges Dankfest. In der Frühe des ersten Festtages donnerten die Wallgeschütze über die Stadt und weckten die Bürger aus ihrem ruhigen Schlafe. Doch nicht angstvoll horchten sie diesmal aus! In das Brüllen der Geschütze mischte sich kräftiger Posannenfchall. Wie Engelsgesang aus Himmelshöhen ertönte vom naben Kirchturm der uralte Lobgesang:
„Allein Gott in der Höh' sei Ehr Und Dank für feine Gnade,"
l) accord Vergleich; 2) rancion — Lösegeld.
i
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Extrahierte Ortsnamen: Mariae_Lichtmes Deutschland
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lich (f. Vor und nach der Jenaer Schlacht usw., Nr. 66), und Napoleon behielt nach dem Frieden von Tilsit Stadt und Land Erfurt als ein besonderes Gebiet, als „domaine reserve ä l’em-pereur“ für sich und legte sich zu seinen übrigen Titeln noch den eines „Fürsten von Erfurt" bei (f. Proklamation des Königs Friedrich Wilhelm Iii. usw., Nr. 67). 1808 sah Erfurt eine besonders erlauchte Gesellschaft in seinen Mauern. Kaiser Napoleon hielt in der Stadt einen Fürstenkongreß von nie gesehenem Glanze ab. Die Kaiser des Ostens und Westens befestigten in jenen Tagen (27. 9. bis 14. 10. 1808) den in Tilsit geschlossenen Bund und faßten den Plan über die „Teilung der Welt", nach welchem Alexander den Norden und Osten, Napoleon aber die Mitte und den Westen und Süden Europas erhalten sollte (s. Nr. 68a—e). Die Jahre der französischen Herrschaft waren für die Stadt eine ununterbrochene Reihe der schwersten Bedrückungen, hervorgerufen durch zahllose Einquartierungen und schlimme Erpressungen (f. Nr. 69 u. 72). Zwar sahen die Bürger außer der Fürstenversammlung noch andere glänzende Feste. Doch standen die pomphaften Feste des Geburtstages und der Siege des Kaisers in einem schreienden Gegensatz zu dem vollständigen Verfall von Handel und Gewerbe und zu dem täglich sich steigernden Elend der Bewohner (f. Nr. 70).
So war der Zustand Erfurts beschaffen, als Napoleon den Feldzug gegen Rußland begann, der feinem gewaltigen Heere den Untergang brachte (f. Nr. 71). Nach jenem Gottesgericht regte sich auch in den Erfurtern die Hoffnung aus baldige Befreiung vom französischen Joche; doch steigerten sich fürs erste noch ihre Mühsale. So mußten sie im Sommer 1813 bei der stärkeren Befestigung der Stadt tüchtig mit Hand anlegen und für die Besatzungstruppen den nötigen Proviant besorgen, eine Aufgabe, deren Erfüllung durch die fortwährenden Nachforderungen fast unmöglich gemacht wurde (f. Nr. 73 u. 74). Endlich wurde
in Leipzigs Ebenen die große Schlacht geschlagen, die Deutschland von der Fremdherrschaft befreite, und die Erfurter sahen am 20. Oktober und in den folgenden Tagen das vorher so stolze und siegprnnkende Heer aus dem blutigen Kampfe in furchtbarster Zerrüttung zurückeilen. Nur die persönliche Anwesenheit Napoleons in Erfurts Mauern verhütete es, daß die Stadt ein Opfer der
Plünderung und Zerstörung wurde (s. Nr. 75). Kaum hatte sich
der Kaiser mit den hier gesammelten Truppen entsernt, als das preußische Heer vor der Stadt erschien und sie einschloß. Am 6. November beschossen die Batterien der Verbündeten von der Schwedenschanze aus die Stadt, wodurch ein beträchtlicher Schade angerichtet wurde. Ueber 120 Gebäude, darunter auch das prächtige Peterskloster, wurden ein Raub der Flammen (s. Nr. 76 u. 77). Bald daraus wurde die Stadt von den Franzosen aufge-
geben. Der französische Statthalter, General d'alton, hielt es
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bei der schwachen Besatzung für geratener, die Verteidigung aus den Petersberg zu beschränken. Doch wurde der Domhügel zur Festung gezogen und mit Schanzpfählen umgeben. Die beiden herrlichen Kirchen benutzte man zu Pferdeställen und fügte ihnen dadurch im Innern großen Schaden zu. — In dieser Zeit kam König Friedrich Wilhelm Iii. mit den Königlichen Prinzen auf seiner Reise zur Armee nach Frankreich durch Möbisburg und wohnte im Heinernannschen Hause. Die Uebergabe der Stadt selbst sand am 6. Januar 1814 statt; die Zitadellen mit Einschluß des Domhügels und des Brühler- und Andreastores blieben aber noch im Besitze der Franzosen. Die letzten Franzosen aber verließen erst am 16. Mai 1814 die Stadt (s. Nr. 78).
Erfurt abermals preußisch: Eine der ersten und not-
wendigsten Ausgaben der Bürger nach der Uebergabe der Stadt war die Einrichtung von Lazaretten für die erkrankten preußischen Soldaten, die in ihren bisherigen Quartieren nur wenig Pflege gefunden hatten. Aber nicht nur durch Samariterdienste zeigten sich die Erfurter würdig, dem preußischen Staate anzugehören, sondern auch durch die Teilnahme an dem weiteren Kriegszuge gegen Napoleon. Kaum war die erneute Besitznahme der Stadt durch die Preußen erfolgt, als Freiwillige in großer Zahl zu den Fahnen eilten und Landwehr und Landsturm nach preußischem Muster sich bildeten. Am 4. März 1814 wurden die freiwilligen Jäger in der Kaufmannskirche eingesegnet und am 12. März marschierten sie nach Frankreich ab (f. Nr. 79).
Sobald der erste Pariser Friede geschlossen war, zogen die Heere der Verbündeten in die Heimat zurück, und die Bürger konnten ihren geliebten König aus der Rückkehr nach seiner Hauptstadt in Erfurts Mauern begrüßen. Auch seinen Geburtstag und den ersten Gedächtnistag der Leipziger Völkerschlacht feierten sie in erhöhter Freude (s. Nr. 80).
Noch waren aber die Verhandlungen des Wiener Kongresses (1814—15) nicht zu Ende, als der Krieg mit Napoleon von neuem ausbrach und abermals Opfer zur Rettung des Vaterlandes verlangte. Diesmal war die Teilnahme am Kampfe für die Erfurter Landwehr und die freiwilligen Jäger weit ehrenvoller. Sie kämpften mit in der heißen Schlacht bei Belle-Allianee und gewannen Anteil an dem Ruhme jenes Tages. Bald darauf endete der zweite Pariser Friede den Feldzug mit Frankreich.
Durch den Wiener Kongreß, der mit der Unterzeichnung der Bundesakte am 8. Juni 1815 zu Ende ging, erhielt Preußen die größere Hälfte des Königreiches Sachsen (Merseburg, Gefell, den Thüringer Kreis und Henneberg). Es bildete daraus mit den schon früher preußisch gewesenen oder gewordenen Gebieten im Nieder- und O bersächsischen Kreis (Magdeburg, Grafschaft Hohenstein, Mühlhausen, Eichsfeld, Stadt und Gebiet Erfurt) die Pro-
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon März Napoleon Henneberg
Extrahierte Ortsnamen: Petersberg Frankreich Möbisburg Heinernannschen_Hause Erfurt Frankreich Erfurts Belle-Allianee Frankreich Sachsen Merseburg Nieder- Magdeburg Mühlhausen Erfurt
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beten barauf beschränken, Erfnrt ansznhnngern. Doch die Stadt war gut versorgt und hatte nichts zu fürchten. Bald aber trat im Belagerungsheere Mangel ein. Der Kaiser, der schon lange
des Krieges mübe war, vermittelte barmn einen Waffenstillstanb (f. Ausenthalt Karls Iv. in (Erfurt, Nr. 28). — Später versuchte Ludwig noch einmal, sich mit Erfurt zu messen, boch vergebens. Die Fehbe enbete mit dem Siege Erfurts (1399).
Der sächsische Bruderkrieg: Der letzte große Krieg, in welchen Erfurt hineingezogen würde, war der sächsische B r u b e r-
krieg. Nach dem Tode des Lanbgrafen von Thüringen, Friebrichs des Friebfertigen, war bessert Laub an Meißen zurückgefallen. Hier regierten gemeinschaftlich die Brüber Friedrich der Sanftmütige und Wilhelm der Tapfere. Im Jahre 1445 aber teilten
sie ihren Besitz. Friedrich bekam Meißen, einen Teil des Öfter-lanbes und die Kurwürbe, Wilhelm erhielt bcn andern Teil des Osterlanbes, Thüringen und Franken. Ein sofort ausgebrochener Streit würde durch bcn Austausch einiger Stabte beigelegt. Da sich Wilhelm aber immer noch übervorteilt glaubte, brach der Erb-sireit von neuem aus. Er würde fünf Jahre lang mit einer Grausamkeit geführt, die an die schlimmsten Zeiten des Mittel-
alters erinnert. Erfurt, anfangs unbeteiligt, begünstigte später den Kurfürsten. — Nachbem man des Krieges mübe war, kam enblich (1451) der Fricbe zwischen den feinblichen Brübern zustanbe. Durch ihn würden auch die beiben üblen Ratgeber des Herzogs Wilhelm, Apel und Benno Viztum, zwei in Thüringen ansässige Ritter, un-schäblich gemacht. Da sie jeboch nach dem Frieden ihre Gewalttaten fortsetzten, würden ihre Burgen mit Hilse der Erfurter Bürger zerstört (s. Einnahme der Wachsenburg, Nr. 29). Apel soll sich später (1472) baburch an Erfurt gerächt haben, daß er die Stadt durch Branbstister an mehreren Stellen zugleich anzünben ließ. Des Viztums Spießgesellen, barunter ein Mönch namens Dietrich Becker, würden gefaßt und am Rabenfteine vor der Stadt (Eingang von I. C. Schmibts Gärtnerei, Leipzigerstraße) verbrannt.
b) machtvolle Entwicklung Erfurts.
Anfänglicher Zustand: Nachbem wir einen kurzen Blick auf die reiche Kriegsgeschichte der Stadt geworfen Haben, wollen wir noch ihre Entwicklung innerhalb des gleichen Zeitabschnittes kennen lernen.
Schon ums Jahr 1000 war Erfurt der bebeutenbste Ort Thüringens. Vor 200 Jahren war es durch Karl den Großen mit dem Stapelrecht ausgestattet und feit 100 Jahren durch Heinrich I. zur Burg erhoben worben. Mit anberen Ortschaften, wie Ilversgehofen, Hochheim, Binbersleben, Daberstebt, Melchenbors, Neufeß am roten Berge und dem Brühl, War Erfurt bisher von einem königlichen Wirtfchaftsbeamten, einem Meier, der in der Pfalz auf
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